Im Wintersemester 2023/24 befasste sich die Ringvorlesung mit dem Thema der Digitalen Transformation in Bibliotheken und wurde von Studierenden aus dem Bachelorstudiengang Bibliotheks- und Informationsmanagment unter Leitung von Prof. Dr. Petra Düren und Prof. Dr. Ulrike Verch organisiert. Alle Vorträge fanden digital stattt.
12. Dezember, 18 Uhr
Dr. Frank Seeliger / TH Wildau:
Digitale Transformation ist mehr Ringen als Tanzen
Medien, Prozesse und Service unterliegen der fortwährenden Automatisierung, Virtualisierung und Digitalisierung schlechthin. Wieviel Mühe gab man sich weiland mit der Einführung von RFID-Technologie und wie flott entwickeln sich heute neue Tools und Features um Themen wie Discovery-Lösungen, Einsatz von Robotern, Zugänge rund um die Uhr, von Open Access bis FDM oder dem Einsatz von Technologien der Künstlichen Intelligenz. Einen typischen Bericht aus Sicht einer Hochschulbibliothek kann es nicht geben. Aber der Vortrag soll Einblick in eine Welt von Hochschulbibliotheken geben, wie er nicht ganz untypisch ist.
Dr. Frank Seeliger leitet seit 2006 die Wildauer Hochschulbibliothek. Nach seiner Kindheit und Jugend in der ehemaligen DDR (heute Sachsen-Anhalt) erlernte Seeliger zuerst den Beruf des Elektrikers und perfektionierte seine Fähigkeiten anschließend in Leipzig in seinem Studium der Elektrotechnik. Es folgte ein Magister-Abschluss an der Universität Bonn mit dem Hauptfach Ethnologie. Vor allem die Altamerikanistik fand bei Seeliger besondere Berücksichtigung. 2002 promovierte Seeliger an der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm. Den Abschluss seiner akademischen Karriere bildete ein Masterabschluss in den Information and Library Sciences an der Humboldt Universität zu Berlin.
Stephan Schwering / Stadtbüchereien Düsseldorf:
Die Digitalstrategie der Zentralbibliothek im KAP1 der Stadtbüchereien Düsseldorf – „Bibliothek des Jahres 2023“
Ein wichtiger Faktor für den Erfolg der neuen Zentralbibliothek im KAP1 der Stadtbüchereien Düsseldorf ist die umfassende Digitalstrategie, die u.a. darauf setzt, die Zentralbibliothek mit digitalen Self-Services für Open-Library-Zeiten genauso attraktiv zu machen, wie eine Bibliothek mit Personal – dazu gehört zum Beispiel eine eigene App, die ermöglicht die sich in der Bibliothek mit Augmented Reality zurechtzufinden und begeistern zu lassen. Darüberhinaus sind mit der neuen Zentralbibliothek auch digitale Kundenservices und interne Arbeitsprozesse digitalisiert worden. Der Leiter der Zentralbibliothek im KAP1, Stephan Schwering stellt die Strategie und den Weg dorthin vor.
Stephan Schwering, geboren 1969, war seit 1992 in leitenden Funktionen in Mittelstadtbibliotheken in NRW tätig und von 2008 bis 2013 Mitglied im Vorstand des Verbandes der Bibliotheken des Landes NRW. Von 2008 bis 2014 gehörte er dem Fachbeirat der ekz.bibliotheksservice GmbH an. Seit 2014 ist Stephan Schwering Leiter der Zentralbibliothek der Stadtbüchereien Düsseldorf und maßgeblich mitverantwortlich für den Zukunftsprozess, dem »Herz&Hirn«-Konzept und die Ausführung der neuen Zentralbibliothek im KAP1 in Düsseldorf, die im November 2021 eröffnet wurde.
19. Dezember, 18 Uhr
Michael Schaarwächter / UB Dortmund:
Roboter suchen Bücher: Erleichterung der Prozesse und Automatisierung in einer UB mit RFID
Die Bibliothek der TU Dortmund migrierte von einer Automatisierung mit Barcodes und EM-Sicherung auf ein RFID-basiertes System. Dabei wurde eine andere RFID-Technologie verwendet als in den meisten anderen RFID-Installation im deutschsprachigen Raum, die Gründe dafür stelle ich in diesem Vortrag dar. Die Software für dieses Projekt ist in Eigenproduktion entstanden und für die Nachnutzung verfügbar. Mit der Einführung von RFID ist auch der Einsatz von Robotern möglich, die für uns eine laufende Inventur und Stellrevision vornehmen. Der Vortrag wird über die Herausforderungen und Vorteile dieser Technologie berichten.
Elfriede Ludwig / Stadtbücherei Frankfurt a.M.:
Robotics & Coding in der Stadtbücherei Frankfurt am Main
Die Stadtbücherei Frankfurt am Main hat 2018 die strategische Entscheidung getroffen, die digitalen Angebote auszubauen. In diesem Zusammenhang wurde das Sachgebiet „Digitale Dienste“ neu geschaffen und Frau Ludwig als dessen Leiterin eingestellt. Seitdem ist viel passiert, insbesondere im Bereich Robotics & Coding. Frau Ludwig wird über das Projekt sowie die existierenden und geplanten Formate mit den unterschiedlichen Robotertypen (humanoider Roboter NAO, Handhabungsroboter DOBOT, Lernroboter) sowie die Arduino-Angebote berichten.
Elfriede Ludwig leitet in der Stadtbücherei Frankfurt am Main den Bereich „Digitale Dienste“. Als Dipl.-Bibl. startete sie in der kleinen Stadtbücherei Hachenburg (im Westerwald), es folgten insgesamt 20 Jahre im Vertrieb von LMS, digitalen Medien und Systemen mit Stationen bei BOND / OCLC, DiViBib, ciando und QuoLibris. Seit dem 1. März 2018 schließt sich der Kreis mit der Rückkehr auf die andere Seite des Schreibtisches – zurück in die Bibliothek.
09. Januar, 18 Uhr
Britta Beutnagel / TIB Hannover:
Etablierung von Open Educational Resources in der Hochschullandschaft
Offenen Bildungsmaterialien (Open Educational Resources, oder kurz OER) kommt im Diskurs um den Wandel hin zu einem chancengerechten Zugang zu Bildung und Wissen eine besondere Relevanz zu. Dies begründet sich daraus, dass sie frei zur Verfügung stehen, kostenlos genutzt und an individuelle Lehr- und Lernkontexte oder die spezifischen Bedarfe von Lernenden angepasst werden können. Das OER-Portal www.twillo.de ist die zentrale niedersächsische Infrastruktur für das Suchen und Veröffentlichen von offenen Bildungsmaterialien. Die Plattform wird in einem Projektverbund unter Leitung der Technischen Informationsbibliothek Hannover entwickelt und betrieben. Hauptzielgruppe sind Hochschullehrende und Studierende. Auf twillo werden OER aller hochschulischer Fächergruppen, Studienbereiche und Studienfächer gesammelt. Die Materialien sind vielfältig und reichen von einzelnen in sich geschlossenen Lehr-/Lernobjekten, wie z.B. Präsentationen, Arbeitsblättern oder Musterprüfungen, bis hin zu ganzen Kursen, digitalen Werkzeugen und Tools. In dem Vortrag werden zunächst die wichtigsten Grundlagen von OER erläutert. Anschließend lernen Sie die Funktionen und Features von twillo kennen und erhalten einen Überblick darüber, welche Rolle Bibliotheken bei der Etablierung von OER an Hochschulen spielen können.
Britta Beutnagel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Informationsbibliothek Hannover. Sie arbeitet im Lab Nicht-Textuelle Materialien des Programmbereichs Forschung und Entwicklung. Beim OER-Portal twillo ist Frau Beutnagel für Weiterbildung und Support zuständig.
Clemens Neudecker / Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz:
“Mensch.Maschine.Kultur – Welche Chancen und Risiken bringt Künstliche Intelligenz für das kulturelle Erbe?
Künstliche Intelligenz (KI) ist einer der wichtigsten technologischen Trends der letzten Jahre. Für Bibliotheken bieten die auf diesem Gebiet erzielten Fortschritte ein enormes Potential, um bestehende Arbeitsbereiche zu verbessern und auch neue Dienstleistungen aufzubauen. In einem von BKM geförderten 3-jährigen Projekt „Mensch.Maschine.Kultur“ (https://mmk.sbb.berlin/) entwickelt die Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz aktuell Technologien aus dem Bereich des Maschinellen Lernens/der Künstlichen Intelligenz für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen: für die Text- und Layouterkennung historischer Dokumente, für die Bildanalyse und Bildähnlichkeitssuche, für die maschinell unterstützte Sacherschließung und nicht zuletzt für die Datenbereitstellung und digitale Kuratierung von kulturellen Erbe. Zugleich sind aber vor dem Hintergrund der historischen Natur der Bestände in Kulturerbeeinrichtungen und der Intransparenz kommerzieller KI-Systeme wie bspw. ChatGPTauch die ethischen, sozialen und rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Anwendung von KI für das kulturelle Erbe in Betracht zu ziehen.
Clemens Neudecker studierte Philosophie, Informatik und Politische Wissenschaften an der LMU München. Seit knapp 20 Jahren befasst er sich in zahlreichen Forschungsprojekten mit der Entwicklung von Open Source Technologien für die Digitalisierung von Bibliotheken und die Digital Humanities, mit Schwerpunkt Texterkennung und Maschinelles Lernen/Künstliche Intelligenz. Er war zunächst von 2003-2009 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Digitalisierungszentrum der Bayerischen Staatsbibliothek, dann von 2009-2014 Technischer Koordinator für Forschung an der Nationalbibliothek der Niederlande und ist seitdem an der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz tätig, in der er seit dem 1. November 2014 das neu gegründete Referat Data Science in der Abteilung Informations- und Datenmanagement leitet.
16. Januar, 18 Uhr
Dr. Renke Siems / Ministerium Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg:
Unter Beobachtung: Datentracking in wissenschaftlichen Infrastrukturen
Forschende erzeugen, nutzen und teilen Daten – aber möchten sie auch selbst zu Daten werden? Die Chancen dafür stehen gut, denn auf Verlagsplattformen, Literaturverwaltungstools und Forschungsinformationssystemen werden ganze Verhaltensprofile ihres Forschungslebens erhoben und ausgewertet. Was früher Verlage waren, sind heute Data Analytics-Unternehmen, die sich in immer weitere Bereiche der Forschung ausdehnen und darüber hinaus – vom Data Brokering bis zum Big Data Policing.
Dies bringt Forschende in Gefahr, denn durch das User Tracking liegen immer mehr Daten über jeden vor, die sich instrumentalisieren lassen: Aus der Kombination von Informationsverhalten, Datenspuren in den kommerziellen Forschungswerkzeugen und der Online-Biographie insgesamt lässt sich jede Bloßstellung ableiten und jeder gezielte Angriff munitionieren. Diese Ringvorlesung bietet eine Reise in den Shadow Knowledge Graph
Dr. Renke Siems ist seit 2021 Referent im Ministerium Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg in Reutlingen. Vorher war er in der Universitätsbibliothek in Tübingen tätig.
Thorsten Meyer / ZBW Kiel : Cyberangriffe in der Wissenschaft – Digitalisierung als Gefahr und Chance
Der Vortrag beleuchtet die zunehmende Bedrohung durch Cyberkriminalität in der Wissenschaft. Mit der digitalen Transformation einhergehend steigt die Gefahr, die digital gespeicherten Daten – egal ob Forschungsergebnisse oder Personaldaten – , zu verlieren und evtl. sogar im Darknet zum Verkauf wiederzufinden. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung Chancen, die Sicherheit und den Schutz dieser Daten ständig zu optimieren. Der Vortrag wird am Beispiel der Cyberattacke auf die ZBW die Gefahren und Möglichkeiten im Umgang mit solchen Angriffen eingehen.
Thorsten Meyer ist Bibliotheksdirektor der ZBW Kiel/Hamburg (Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft). Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg von 1997 bis 2004 absolvierte er 1999-2000 ein BWL-Studium an der Lunds Universitet in Schweden. Von 2006 bis 2008 studierte er Bibliotheks- und Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2004 ist er an der ZBW tätig, mit Fokus auf Personalentwicklung, Arbeitskultur und Digitalisierung
23. Januar, 18 Uhr
Nico Sandfuchs / Goethe-Institut: BibToGo – Der Digitale Bibliotheksausweis des Goethe-Instituts
Warum eigentlich nicht auch die Bibliotheksmitgliedschaft digitalisieren und die klassischen Plastikausweise abschaffen? – Der digitale Bibliotheksausweis des Goethe-Instituts macht Plastikkarten überflüssig und bündelt gleichzeitig das digitale Gesamtangebot der Bibliotheken in einer einzigen Anwendung. Konzipiert als mobile Applikation für Android und iOS, ist „BibToGo“ inzwischen an mehr als 60 Bibliotheken des weltweiten Netzwerkes des Goethe-Instituts im Einsatz. Der Vortrag zeichnet den Weg des Projektes von der ersten Idee bis zur Umsetzung und dem dauerhaften Betrieb in einem weltweiten Bibliotheksnetzwerk nach.
Nico Sandfuchs hat Politikwissenschaft sowie Bibliotheks- und Informationswissenschaft in München und Berlin studiert. Nach mehreren Jahren als freiberuflicher Journalist in der Türkei arbeitet er seit 2009 für das Goethe-Institut, dem weltweiten Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Er war als Bibliotheksleiter in Ankara tätig und führte später von der Zentrale in München aus das Bibliotheksmanagementsystem Koha am Goethe-Institut ein. Heute leitet er den Internetbereich des Goethe-Instituts.
Karen Paul / Greenpeace:
Digitalisierung: Verantwortungsvoll und Nachhaltig in die Zukunft
Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren eine enorme Bedeutung erlangt und ist inzwischen in fast allen Lebensbereichen präsent. Die damit einhergehenden Chancen und Herausforderungen sind jedoch vielfältig und komplex. In diesem Vortrag werden wir uns mit der Frage beschäftigen, wie die Digitalisierung von Bibliotheken verantwortungsvoll und nachhaltig gestaltet werden kann, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren und soziale Aspekte zu berücksichtigen. Wir werden die Chancen beleuchten, wie Bibliotheken durch Technologie Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen einen digitalen Zugang zu Wissen ermöglichen können, um eine nachhaltige Zukunft zu gestalten.